Schüleraustausch mit Combourg
Dass der Franzose sich nicht zwingend in einem Schuhgeschäft befinden muss, um „Bonjour“ zu sagen, war den Schülerinnen und Schülern der achten und neunten Jahrgangsstufe des Französischzweigs an der Realschule Waldmünchen schon lange klar. Dass man unter Jugendlichen aber „Trop la rage!“ für „Total cool!“ sagt, und dass das wörtlich zurückübersetzt „Voll die Tollwut!“ heißt, kann man nicht im Schulbuch lernen.
Am Dienstagabend machte sich die 22-köpfige Schülergruppe mit den Begleitlehrkräften Herr Blodig und Frau Heinrich per Reisebus auf den langen Weg in die Partnerstadt Combourg. „Mir san de zwoa Sepp’n, und mir foarn mid eich aaf Frankreich,“ ließ der Pfeifer Sepp, begleitet von Sepp Kussinger durch die Lautsprecheranlage tönen. Bürgermeister Markus Ackermann und Martina Mathes sowie Julia Bacherl ließen es sich nicht nehmen, die Gruppe mit Gastgeschenken und besten Grüßen zu verabschieden.
Die nächtliche Reise hinter sich, machte die Gruppe Halt in der wunderschönen Hafenstadt Honfleur und besichtigte die größte Spannseilbrücke Europas, den Pont de Normandie. In Combourg warteten bereits die Austauschschüler mitsamt Eltern sehnsüchtig darauf, „unsere“ Kinder in Empfang zu nehmen.
Bereits am ersten Tag wurde nicht nur die Partnerschule – das Collège St. Gilduin – sondern auch der Stadtpark und das Schloss in Combourg unsicher gemacht. Höhepunkt war sicherlich der Besuch beim Bürgermeister Monsieur Le Besco, der alle Waldmünchener herzlich begrüßte und sich viel Zeit nahm, über seine Stadt zu referieren und neugierige Fragen zu beantworten.
Der erste Ausflug führte zum weltberühmten Mont Saint Michel, dem Kloster im Meer, an dem gerade Dreharbeiten zu einem Film stattfanden. Die unglaubliche Atmosphäre und die beeindruckende Aussicht wurden bei strahlendem Sonnenschein aufgesogen und nach einem Picknick am Strand erfuhren die Waldmünchner alles über die Flora und Fauna der Bucht und konnten sogar am eigenen Leib erfahren, was es bedeutet in Treibsand zu versinken und sich nur mit Müh und Not selber wieder befreien zu können.
Das Wochenende in den Gastfamilien ließ mehr Zeit für Ausflüge in kleinerer Runde, wodurch so Mancher auf Tuchfühlung mit den Gepflogenheiten und Bräuchen der Bretagne gehen konnte.
Am Montag stand ein Ausflug in die malerische Hafenstadt Saint Malo nebst Altstadtführung und Shoppingtour an. Dass es an diesem Tag recht stürmisch war, konnte die Laune der deutsch-französischen Gruppe nicht trüben. Ganz im Gegenteil, denn für das Strandsegeln war das Wetter ideal! Bei Ebbe durfte jeder in seinem eigenen Segelfahrzeug mehrfach einen vorgegebenen Parcours befahren, wobei hohe Koordinationsfähigkeit und Konzentration vonnöten waren. Nach einigen Runden und ca. 35 km/h in der Spitze waren einige Schüler kaum noch zu bremsen.
Zu guter Letzt bot sich die Gelegenheit, dem Unterricht an der Partnerschule beizuwohnen und Combourg in einer Schnitzeljagd auf eigene Faust zu erkunden, bevor am Abschiedsabend Bretonische Spezialitäten gegessen, getanzt, geratscht und gefeiert wurde – und sogar geweint! Beiderseits kullerten die Tränen von den Wangen, als es an der Zeit war, sich voneinander zu verabschieden, denn die Partnerschüler hatten einen festen Platz in den Herzen der französischen Familien eingenommen.
Einige Schüler hatten sich so gut eingelebt, dass sie ohne Weiteres noch ein oder zwei Wochen länger geblieben wären.
Als krönenden Abschuss entführten die zwei Sepp’n die Gruppe als Überraschung ins nächtliche Paris, wo den Kindern beim Anblick des Eiffelturms reihenweise die Kinnladen runterklappten. „Is des schee, des hätt I mir ned träumen können. Oder schlof I no? Zwick mi mol,“ entfuhr es da einer Schülerin.
Erschöpft aber überglücklich und zufrieden wurden die Schüler am Mittwochabend wieder von ihren Eltern in Empfang genommen und so Mancher schien durch die Menge an Lebenserfahrung 10cm größer nach Hause gekommen zu sein.
Durch die hervorragende Zusammenarbeit zwischen Eltern, Lehrern, Sekretärinnen, Schulleitern, Kindern, Austauschpräsidenten und Bürgermeistern konnte der erste Schüleraustausch zwischen Waldmünchen und Combourg zu einer wahren Erfolgsgeschichte werden. Oder wie es Mathéo ausdrücken würde: „Trop la rage!“
Bleibt zu erwähnen, dass der Bayerische Jugendring eine Förderung zum Austauschprogramm zugesagt hat, um den Geldbeutel der Eltern nicht unerheblich zu entlasten.